Des Seelchens verlorene Farben.
(Ein Beitrag zum Erzählsalon am 28.05.2024) von Petra Meyer
Es war einmal ein Seelchen das war jung und fröhlich. Es wollte alle Gefühle und Eindrücke des Lebens in sich aufnehmen. Es wusste noch nichts von Enttäuschung, Trauer, Wut oder Schmerz.
In ihm gab es 4 Kammern der Farben.
In der 1. Kammer waren verschiedene gelb,orange und rot Töne untergebracht.Es waren die Farben für die Gefühle Licht, Wärme, Geborgenheit, Lebenslust und Liebe.
In der 2.Kammer lebten verschiedene grün und türkis Töne zusammen. Sie waren für die Gefühle Erneuerung, Hoffnung,Zuversicht und Kraft zuständig.
In der 3. Kammer wohnten Himmelblau, Blau und Violett zusammen. Sie sorgten für Besonnenheit,Ruhe,Magie, Treue und Kreativität
In der 4. Kammer waren so allerlei bunte Gesellen eingezogen, deren Hauptaufgabe darin bestand für gute Stimmung zu sorgen, so tanzte das freche pink ständig aus der Reihe, das weiß mischte sich gerne unter und das zarte rosa war einfach immer entzückend anzusehen.
Doch es gab noch eine weitere Kammer,die war eher ein Abstellraum und wenig einladend, da dort kein Licht hinein fiel. Dort hausten die dunklen, schmuddeligen und Schreck einflößenden Farben. Sie lauerten darauf, dass sie eines Tages die Macht ergreifen und Trauer, Hass und Finsternis über das Seelchen bringen würden.
Unser Seelchen wuchs heran und freute sich über die schönen Farben aus seinen Kammern.Es verliebte sich zum ersten Mal und das Rot erleuchtete und wuchs.Es brannte ein wärmendes Feuer in ihm und es fühlte sich rundum geborgen.
Als unser Seelchen noch etwas älter geworden war war es voller Kraft und Zuversicht. Es war glücklich mit seinem Leben, hatte Erfolg und gründete eine nette kleine Familie.
Jeden Tag seines bisherigen Lebens füllte die nun herangewachsene Seele mit Leidenschaft und Kreativität, blieb aber auch stets besonnen und treu.
Am liebsten verbreitete sie Spaß und zog die Menschen um sich herum begeistert mit.Sie war eine glückliche und zufriedene ja man könnte sagen eine leuchtende Seele.
Dieses Leuchten der Seelenfarben übertrug sich auf die Menschen in ihrem Umfeld. Sie sorgte auch stets dafür, dass es ihrer Familie, ihren Freunden und Bekannten, aber auch den Kollegen gut ging.Das tat sie eine sehr lange Zeit.
Sie bemerkte es erst gar nicht, wie eine Farbe nach der anderen sich veränderte oder langsam zu verblassen schien.
Das Gelb hatte kaum noch Kraft und das sonst so fröhliche Orange kam kaum noch zur Geltung in ihrem Alltag. Am schlimmsten veränderte sich der warme und liebevolle Rotton. Immer öfter wurde er gefährlich weil kurzfristige Wutausbrüche wie ein zerstörerisches Feuer in der Kammer aufflammten und die Lebenslust zunehmend verschwand.
Diesen Zustand bemerkten die düsteren Gesellen aus dem dunklen Verschlag natürlich schnell und schlichen sich unbemerkt in die 1.Kammer um dort den letzten Funken an warmen und geborgenen Gefühlen auszulöschen und nur noch schwarze Asche zurück zu lassen.
In der Kammer der Erneuerung und Hoffnung sah es auch nicht viel besser aus. Unsere Seele fand einfach keine neue Kraft mehr um die grünen Farben aufzufrischen und so verdorrten die letzten Gräser der Zuversicht unter dem trüben Grauschleier der dunklen Gedanken, die sich
hineingeschlichen hatten.
Vielleicht gab es ja noch einen Hoffnungsschimmer. Schließlich war auf die Treue und die nie endende Kreativität in ihren strahlend blauen Farben doch immer Verlass gewesen. So versuchte die Seele mit ihrer letzten Energie noch einmal kreativ… aber es war kein bisschen strahlendes blau zu entdecken.
Alles was sich in der Kammer fand war dreckiges, dunkles braungrau.Es wirkte bedrohlich und die Seele verlor den letzten Funken Hoffnung.
Sie war in tiefer Trauer, Angst und Wut über ihre Hilflosigkeit gefangen. Die trüben und furchteinflössenden Gesellen hatten die Kontrolle übernommen.
Zumindest dachten sie das. Allerdings waren die dunklen Gesellen nicht besonders helle, weshalb sie nicht bemerkten, dass sie eine Kammer übersehen hatten.
Ja, genau, die Kammer mit den vorwitzigen, unscheinbaren und Mischfarben.
Und genau diese schlichen sich nun auf tanzenden, unscheinbaren und leisen Sohlen in die einzelnen Kammern.
In die 1.Kammer pflutschte das zarte rosa und drückte dem schwarzen Gesellen einen zarten Kuss auf die Wange. Und da verfärbte sich dieser plötzlich in ein zartes rot, dass mit der Zeit wieder kräftiger werden könnte.
In die 2.Kammer schlüpfte das weiß und mischte sich unter die grauen Gesellen. Jedes mal wenn es einen von ihnen berührte wurde dieser ein wenig heller und so wurde schon ein leichter Hauch von grün erkennbar, dass mit der Zeit wieder kräftiger werden könnte.
In die 3. Kammer tanzte auf leichten Sohlen das vorwitzige pink und stupste die Schmuddelgesellen an.Mit jedem Schuppser verloren diese ein wenig von ihrem Schmutz und da das Pink auch noch einen Hauch Magie verpustete verfärbte sich einer von ihnen und gab ein wenig Violettblau preis, das mit der Zeit wieder kräftiger werden könnte.
Es dauerte eine lange Zeit bis unsere Seele sich erholte, neue Kraft schöpfen konnte und die Farben in ihrer leuchtenden Schönheit zurückkehrten.
Nun fragt ihr euch sicher was aus den dunklen schmuddeligen Gesellen geworden ist. Nun ja, die Seele hat beschlossen sie mit den anderen Farben spielen zu lassen, denn ab und an benötigt es auch mal ein wenig schwarz,grau und braun im Farbkasten des Lebens.
ENDE